Die asiatischen Bakchen
Günes Theater
»Die asiatischen Bakchen«
von Euripides
Samstag, 17.10.09 20.00 Eur 15/11
Als Euripides späteste Tragödie, die er im mazedonisches Exil verfasste, ist »Die Bakchen« das Vermächtnis des Dichters an sein athenisches Volk. Vor dem historischen Hintergrund der persisch-griechischen Kriege und erst nach Euripides Tod von dessen Sohn in Athen uraufgeführt, gilt das Stück als ein eindringlicher Aufruf zum friedlichen Zusammenleben verschiedener Kulturen. Denn die Tragödie thematisiert Grundfragen des menschlichen Zusammenlebens in zeitabhängigen gesellschaftlichen Bezügen. Zugleich geht es um die Geschichte eines schmerzhaften Krieges um kulturelle Werte und Normen.
Der Gründer der griechischen Stadt Theben, Kadmos, hat zwei Enkel: Pentheus und Dionysos. Zwei Linien eines Geschlechts, die für entgegengesetzte Formen menschlichen Zusammenlebens stehen. Theben wird von Phenteus regiert, der sich mit strengen Regeln und Ordnung dem Rausch und Verzückung verehrenden Kult des Dionysos widersetzt. Als er und sein Gefolge das Grabmal der Semele, Dionysos Mutter, die von Zeus erst geschwängert und später vernichtet wurde, schmähen, fordern sie den Gott heraus. Dionysos kehrt von seinen langen Wanderungen durch die asiatischen Lande, wo er noch geehrt wird, nach Theben zurück, um Rache an den Verleumdern zu nehmen. Er versetzt Pentheus und dessen Mutter in einen rauschhaften Zustand, in dem Pentheus in Frauenkleidern dem Treiben der Bacchantinnen, den weiblichen Anhängerinnen des Dionysos, zuzusehen trachtet und in dem ihn seine Mutter als rasende Bacchantin zerfleischt, weil sie ihn für ein wildes Tier hält. Langsam aus dem Rausch auftauchend realisiert sie ihre Tat. Als Naturgott vereint Dionysos Antipoden in sich, ist zugleich nah und fern, anwesend und abwesend und der souveräne Meister über Schein und Sein, ein wahrhafter Theatergott also. Sein Kommen macht gesellschaftliche Teilungen sichtbar, die in unserer Geschichte schon früh verankert sind, weist aber darauf hin, dass menschliches Zusammenleben nicht unbedingt über diese Differenzen verstanden werden muss.
»Die asiatischen Bakchen« ist in drei Sprachen mit DarstellerInnen aus der Türkei, Deutschland und Frankreich mit deutschen Übertiteln inszeniert. Dabei greifen Darstellungstechniken und Inszenierungsformen, die bereits in der Antike Anwendung fanden, wie der Einsatz von Masken und das Schattenspiel, und gegenwärtige Formen, wie moderne Medieninstallationen und elektronische Musik, ineinander. Spricht zudem der Bakchenchor aus deutsch- und französischsprachigen Darstellerinnen in mittelöstlichem sowie okzidentalem Stil und kommen dionysische Tänze, Perkussionsinstrumente und Flöten zum Einsatz, treffen Kunstformen verschiedener Kulturen aufeinander.
Das Günes-Theater führt seit 2002 internationale Theaterprojekte durch. Das Stück wird im Rahmen des Großprojekts »europäisch-türkische Theaterbegegnung« durchgeführt. Nach der Premiere Ende August bei uns wird es nicht nur in dieser Wiederaufnahme sondern auch bei den Interkulturellen Theatertagen 2009 in Istanbul und in Metz, Strassburg und in Paris während der Veranstaltungsreihe »Jahreszeit Türkei« aufgeführt werden.
»»Die Asiatischen Bakchen« nennen der junge Regisseur und sein ... Theater ihre Aufführung. ... Asiatisch mutet vor allem der Darsteller des Dionysos, Cüneyt Sezer, an, ... geschoren und goldgehörnt, so unterschwellig bedrohlich und halbnackt bis würdevoll ... wie eine Mischung aus dem Xerxes im Film »300« mit einem pharaonisch-ägyptischen Priester und der wild-erotischen Salomé Oscar Wildes. Auf anderem Weg noch wird das Asiatische zuletzt intensiviert. Der Höhepunkt, die Zerreißung des vom Seher Teiresias vorgewarnten, ... wird in einer schönen Variante türkischen »Schatten« -Spiels realisiert. Die bunt-transparenten Papierfiguren machen den minuziösen Botenbericht der Zerfleischung unter musikalischer Begleitung anschaulich ... mit großem Gespür für dramatische Wirkung ... Viel zu sagen wäre noch über die volkstümliche Komik in Masken, ... die leisen Resonanzen aus dem Raum der klassischen französischen Tragödie, den chillig-apollinischen Palast- und Tempeldekor hinten und den symbolkräftigen Opferaltar im Zentrum ...« FNP
Video auf http://vimeo.com/6631590
Mit: Müjdat Albak, Iätimad Chamrikh, Sandrine Grange, Sara Nahidpour, Emeline de la Porte des Vaux, Hülya Sen, Cüneyt Sezer, Ömer Eryigit, Tülay Yongaci, Gaby Zillich
Musik: Deniz Köseoglu, Babak Massali, Özgür Murat, Robert Schirmer
Bühne, Maske, Kostüme: Beate von Kitta-Kittel
Lichtdesign: Lolek Lorey
Schattenspiel: Beate von Kitta-Kittel, Birgit Schmidt
Dramaturgie: David Dilmaghani
Regie: Müjdat Albak